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Chronik


Entstehung und Entwicklung von Weiten


Als das siedlungsfreundliche und klimabegünstigte Gebiet südlich der Donau seine Besitzer hatte, begann man im ausgehenden 10. Jahrhundert das große, herrenlose Waldgebiet nördlich der Donau in Besitz zu nehmen. Adelige holten Bauern, vornehmlich aus Bayern, diese rodeten und siedelten im Weitental.

In dieser Zeit entstand auch Weiten. 1096 scheint der Name erstmals in einer Urkunde als ,,Witin” auf und soll vom gleichnamigen Fluss kommen. Es könnte aber auch die Siedlung eines Mannes mit dem Namen ,,Wito” sein. Möglich ist aber auch, dass Siedler aus Weiten in Bayern der neuen Heimat ihren Namen gaben. Um die schon im Jahre 1050 errichtete Burgkirchenanlage stehen die ältesten Häuser.1303 wurde die Mollenburg (Konrad der Werder von Malemberch) erstmals genannt. Es gab viele Besitzer. Sehr bedeutend war die Adelsfamilie der Lindeggs, die  Burg 1577 bis 1839 in Besitz hatten. 1860 wurde die Anlage nach Abtragen des neuen Daches zur Ruine (Dachsteuer). Die Österr. Bundesforste verkauften die Mollenburg an Dr. Jörg Mauthe aus Wien.


Das Weitental war immer schon ein wichtiger Handelsweg von der Donau nordwärts. Salz und Eisen aus unseren Alpen wurden hier nach Norden gebracht. So erlangte Weiten schon sehr früh eine große Bedeutung. Es entstand ein zweiter Siedlungskern am heutigen Prangerplatz.

Der alte Fahrweg (von der Donau kommend) querte beim Haus Kranister den Weitenbach, führte zur Kirche, die bei ihrer Erweiterung im 14. Jahrhundert über diesen Weg gebaut wurde. Zwischen den Häusern Reiner und Binder, nach einer weiteren Querung des Weitenbaches, gelangte man aus dem Ort.

In den Jahren 1473 bis 1482 erhielt Weiten eine Befestigungsanlage, der Verlauf der Straße wurde geändert. Der neue Weg zweigte bei der Dreifaltigkeitskapelle (Villa Albine) vom alten ab, querte auf einer Holzbrücke den Bach zur Taverne Geierhorst und durch ein Tor beim Haus Misslik kam man auf den Prangerplatz. Weitere Tore befanden sich bei der heutigen neuen Wohnhausanlage, auf dem Kirchenplatz zwischen Friedhofsmauer und Gemeindeamt, an der Straße, die von Seiterndorf kommt, beim Kaufhaus Dworschak und beim Haus Korischek.


Weiten erhielt 1313 das Marktrecht und gehörte zur Herrschaft Mollenburg. Das Siegel zeigt das Wappen der Streitwieser.

 

Markttage wurden gehalten, für durchgeführte Güter musste Maut bezahlt werden. Die sehr schöne Prangersäule mit dem Roland gilt als sichtbares Zeichen der Gerichtsbarkeit. Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) tauchten viele neue Namen in Weiten auf.Teils waren es abgedankte Soldaten, die sich hier niederließen, teils Wanderburschen, die Töchter bzw. Witwen von Handwerkern heirateten. Angehörige aus der Oberpfalz, aus Oberbayern und aus Salzburg scheinen in den Büchern der Pfarre Weiten auf. Von 1639 bis 1653 wurden in der Pfarre Weiten 1509 Kinder getauft.Unser Heimatort wurde 1653 von der Pest heimgesucht (Mai bis September). Viele Tote waren zu beklagen. Der Pestgraben könnte ein Massengrab für die Verstorbenen gewesen sein. Das Gebiet gegenüber dem Bad wurde so bezeichnet. 1709, 1750, 1839 und 1862 gab es furchtbare Überschwemmungen. Menschen ertranken, Brücken wurden weggerissen und die Straßen vermurt. Das furchtbarste Hochwasser gab es am 2. Juli 1895. Der Weitenbach und der Heiligenbluterbach führten zur gleichen Zeit Hochwasser. Da kam so viel Wasser zusammen, dass es auf der Straße mitten durch den Ort floss. Zwei Kinder ertranken, fast alle Brücken wurden weggerissen. Die Häuser waren bis Ofenhöhe vom Schlamm bedeckt.Obwohl schulische Aktivitäten ins 11. Jahrhundert zurückreichen, wurde das erste Schulhaus erst 1753 auf Betreiben des Pfarrers Thalheim errichtet. 1855 begann man mit dem Bau der neuen Volksschule am Kirchenplatz. Gleichzeitig wurde das angrenzende Tor samt Fußgängerpforte abgetragen und als Baumaterial verwendet.Um 1450 wird eine Straße im Weitental genannt. Sie war wegen der vielen Hochwässer schwer zu erhalten. Sehr oft musste der Weitenbach durchfahren werden, da Felswände die Weiterfahrt unmöglich machten. Ein solcher Felsvorsprung befand sich südlich des Feuerwehrhauses von Weiten. Da die Weitentalstraße oft unpassierbar war, errichtete Josef Edler von Fürnberg 1780 eine eigene Poststraße, um Post und Reisende planmäßig befördern zu können. Sie führte von Weitenegg über die ,,Römerbrücke” nach Leiben, verließ hier das Weitental, überquerte auf zwei sehr schönen Brücken (noch vorhanden) das Schwarzatal, führte westlich an Lohsdorf vorbei nach Seiterndorf und Pöggstall (zum Großteil ist es die heutige Landesstraße) und weiter nach Gutenbrunn. Sie wurde regelmäßig von der Postkutsche befahren.

Die Straße in ihrer heutigen Form mit Brücken und abgesprengten Felsvorsprüngen wurde 1839 gebaut. Wurde zur Zeit Fürnbergs viel Holz aus dem Weinsbergerwald im Weitenbach zur Donau geschwemmt, so entstand nun ein reger Fuhrwerksverkehr nach Weitenegg. Lang- und Brennholz wurden auf Pferdefuhrwerken transportiert. Zahlreiche Einkehrgasthöfe luden die Pferdeknechte zur Rast bzw. zum Füttern der Tiere ein.

1844 hatte Weiten 75 Häuser und 463 Einwohner. 1850 kommt es zur Gründung der Gemeinden, 1871 wurde das erste Postamt und 1889 die erste Spar- und Darlehenskasse eingerichtet. Seit 1900 konnte telegrafiert und seit 1915 telefoniert werden. 1903 kam es zu ersten Besprechungen wegen einer Verbindungsbahn zwischen Martinsberg und Weitenegg.

Mit Petroleumlampen wurde 1911 der Ort beleuchtet. Der Nachtwächter musste die Lampen putzen und in Betrieb halten.1914 wird GR Pfarrer Gregor Kirchner installiert (+1951).Der Erste Weltkrieg brach aus. Mehr als 400 Männer mussten zu den Waffen. Es gab 56 Gefallene. Diese Arbeitskräfte fehlten zu Hause, die Frauen mussten vielfach Männerarbeit übernehmen. Für die meisten Lebensmittel wurden Karten ausgegeben. Viele Karten gab’s und wenig Brot.

Auch nach dem Krieg ging das entbehrungsreiche Leben weiter. Die Preise stiegen auf das Vielfache. 1914 kostete 1 kg Zucker 0,96 K, 1921 266 K (Inflation). Wegen des allgemeinen Kleingeldmangels wurde auch in Weiten Notgeld ausgegeben. 47 Handwerksbetriebe und Geschäfte boten ihre Waren und Dienste an. 1920 begann Alois Pehn von seiner Hammerschmiede aus einen Teil Weitens mit elektrischem Licht zu versorgen. Ein regelmäßiger Postautoverkehr (Vollgummireifen) zwischen Melk und Pöggstall wurde eingerichtet.


Weiten war eine beliebte Sommerfrische der Wiener. Im Juli und August waren die Gasthäuser (Pehn, Gruber, Harrauer) und einige Privatquartiere stets ausgebucht. Es gab ein umfangreiches kulturelles Leben. Sehr beliebt waren die Bunten Abende, die zahlreichen Theateraufführungen und die Konzerte des Streichorchesters (VL R. Wurzer). Der Turnverein aus Pöggstall kam nach Weiten und zeigte sein großes Können, es gab Filmvorführungen.Vor allem aber liebten die Weitener die Geselligkeit. Sonntägliche Wanderungen zum Eder-Wirt nach Filsendorf oder zum Florl auf der Alm in Jasenegg brachten etwas Abwechslung in das harte, arbeitsreiche Alltagsleben.

Bettler, Hausierer, Arbeitslose, Ausgesteuerte und Schleifer in ihren Planenwagen sowie Zigeuner zogen stets umher. Straßenmusikanten und Straßensänger erbaten durch ihre Musik ein paar Überlebensmünzen (,,Komm, schwarzer Zigeuner ...”).Im Jahre 1922 übernahm Dir. Anton Leyrer die Leitung der Volksschule Weiten (bis 1951).

1924 wird die Petroleumbeleuchtung durch elektrisches Licht ersetzt. Dr. Samuel Singer wird im Jahre 1927 Gemeindearzt (Haus Herbert Dworschak). Im März 1938 wird Bürgermeister Alois Pehn seines Amtes enthoben. Die NSDAP ergreift die Macht. Illegale hatten schon alles vorbereitet. Ein Fackelzug wurde abgehalten. Vom Melkerberg erscholl der Ruf: ,,Österreich, erwache!” Parteiabzeichen wurden verteilt. Armbinden getragen und Hakenkreuzfahnen gehisst. Die Weitener Juden Dr. Singer und die Kaufmannsfamilie Allina konnten rechtzeitig flüchten. Der Prangerplatz wurde in Adolf-Hitler-Platz umgetauft.

Die Abstimmung ergab ein fast 100%iges Ja zum Deutschen Reich und seinem Führer. Vor dem Gasthaus Pehn entstand ein kleiner dreieckiger Platz mit einem Adolf-Hitler-Gedenkstein und einer Eiche. Über Nacht gab es Arbeit, Geld war da, die Leute konnten ihre Schulden bezahlen. Bei Vielen kam leise Hoffnung auf, dass die Not ein Ende haben könnte. Im Parteiheim (Villa Albine) hielten die Jugendorganisationen HJ (Hitlerjugend) und BDM (Bund Deutscher Mädchen) ihre Heimstunden ab. Niemand konnte ahnen, dass ein Jahr später unsere Väter in einen furchtbaren Krieg ziehen mussten und viele als Krüppel oder gar nicht mehr nach Hause kamen. Eine bedauernswerte Generation - die Kindheit in der Not der Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges und die besten Jahre in der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges verloren.

Dr. Karl Thöni wurde neuer Gemeindearzt. Während der Kriegszeit lebte die Schwester Adolf Hitlers, Paula Wolf mit ihrem Neffen Johann Schmied, in Weiten (Haus Blauensteiner). 1942 verwüstete eine Windhose den Hausberg. Es gab viel Brennholz für die Weitener.32 Geschäfte gab es in dieser Zeit in Weiten, vor 200 Jahren waren es 54 und heute? (leider nur mehr 16).

1945 wurde Karl Moser erster Bürgermeister nach dem Krieg. Die ehemaligen NSDAP-Mitglieder wurden registriert. Umfangreiche Lebensmittellieferungen mussten an die russische Kommandantur in Pöggstall abgeliefert werden, ebenso war die Ablieferung von Wäsche verlangt worden.

Weiten hatte 508 Bewohner und 95 Häuser. 1949 wurde die Straße durch den Ort gepflastert und die Landwirtschaftliche Fortbildungsschule (bis 1963) errichtet.

Hedwig Gollé wurde 1951 Gemeindesekretärin; Dir. Karl Knapp übernahm die Leitung der Volksschule Weiten. 1952 wurde GR Pfarrer Karl Kaufmann in Weiten installiert. Der Nastingbach wurde 1954 reguliert und die Raiffeisenbank war täglich geöffnet. Der Gemeinderat von Weiten wählte 1955 Karl Riebniger, Kaufmann in Weiten, zum Bürgermeister.

In seiner Amtszeit ging man daran, die sehr ergiebige Quelle unterhalb der Mollenburg zu fassen und das Wasser zum Hochbehälter neben der Mollendorfer Straße zu pumpen, Weiten hatte seine Hochdruckwasserleitung. Die öffentlichen Brunnen konnten zugeschüttet werden. Früher staute man im Winter dieses Quellwasser im Bereich des heutigen Sportplatzes auf. Das ca. 10 cm dicke Eis hackte man in Platten und es diente den Gastwirten und Fleischhauern zum Kühlen ihrer Produkte. Diese Eiskeller sind heute noch vorhanden.

Da die Stromversorgung durch Alois Pehn den gestiegenen Anforderungen nicht mehr gerecht werden konnte, erfolgte 1958 der Anschluss an die NEWAG (heute EVN). Vorbei war das laute Tuckern, wenn abends der schwere Dieselmotor gestartet wurde und plötzlich die Lampen heller zu leuchten begannen. Eine Ära ging zu Ende. Die ersten Fernseher tauchten in den Gasthäusern auf und zogen viele Gäste an.

1960 wählte der Gemeinderat Johann Jindra zum Bürgermeister von Weiten. In seine Amtszeit fielen u. a. der Bau des Schwimmbades, die Regulierung des Weitenbaches (dabei wurde die alte Eisenbrücke gefunden, die das Hochwasser von 1895 weggerissen hatte, beim Haus Fritz Nowak). Beide Brücken in Weiten wurden neu gebaut.Am 24. November 1968 gab es die ersten Wahlen in der Großgemeinde Weiten. Es entfielen auf die einzelnen Parteien: ÖVP 14 Mandate, SPÖ 2 Mandate und Namensliste 1 Mandat (Berta Draxler). 1971 trat Karl Windischberger seinen Dienst als Gemeindesekretär an und unterstützte die sehr fleißige und allseits beliebte Hedwig Gollé.

1972 kam es zur Eröffnung der neuen Volksschule und des Kindergartens am Platz der ehemaligen Hammerschmiede Pehn. Der gesamte Hammergarten wurde verkauft, eine neue Siedlung entstand. Neben dem Eingang zur Schule steht ein mächtiger Steinblock. Er diente als Auflager für den schweren Hammer der Schmiede. Das Gegenstück fehlt leider.

Ein neues Amtshaus wurde am Kirchenplatz an Stelle der alten Volksschule errichtet und 1974 eröffnet. Darin waren auch die Wohnung und die Ordination des neuen Gemeindearztes Med.-Rat Dr. Josef Fachouri untergebracht. Er hatte am 1. Juli 1973 seine erste Ordination in Weiten.

Bei den Gemeinderatswahlen 1975 wurde Ök.-Rat Ludwig Holzinger Bürgermeister. Er übte dieses Amt zwei Jahrzehnte lang aus. Am 22. Dezember 1975 verstarb GR Karl Kaufmann, Pfarrer von Weiten. Sein Nachfolger wurde GR Pfarrer Franz Marchart.


Der Wiener Stadtrat Dr. Jörg Mauthe kaufte von den Österr. Bundesforsten die Mollenburg. Er hatte zukunftsweisende Ideen für Weiten. Eine kostengünstige Fassadenaktion wurde durchgeführt. Die alten Häuser am Prangerplatz erhielten ihr früheres Aussehen, der Platz selbst wurde neu gestaltet. Die Idee der Ortsverschönerung, die heute in ganz Niederösterreich durchgeführt wird und eine Selbstverständlichkeit ist, hatte ihren Anfang in Weiten. Dr. Jörg Mauthe sei herzlich dafür gedankt, aber auch dem Gemeinderat mit seinem Bürgermeister Ök.-Rat Ludwig Holzinger, die diese Aktion beispielhaft mittrugen. Der erste Bauernmarkt wurde abgehalten, er war ein großer Erfolg.

1977/78 entstand auf der Hammerwiese ein Tennisplatz, die Müllabfuhr nahm ihren Betrieb auf und seit 1979 konnten auf den Pfarrpfründen in Am Schuß Siedlungshäuser gebaut werden.

Ein weiterer großer Höhepunkt in dieser an Aktivitäten sehr reichen Zeit war das 12. Internationale Symposium der Gesellschaft für Land- und Forstwirtschaft mit dem Thema ,,Arbeitsmarkt im ländlichen Raum” im Turnsaal der Volksschule.

Am 13. Juli 1984 gab es das furchtbare Hagelunwetter, bei dem große Eisbrocken riesigen Schaden anrichteten. Viele Dächer in einem Teil des Gemeindegebietes wurden zerstört. 1985 wurde die Aufbahrungshalle eingeweiht und 1989 konnten Stockschießplatz und Klubhaus beim Tennisplatz der Öffentlichkeit übergeben werden.Mit dem Umbau und der Neugestaltung des Amtshauses wurde begonnen. 1995 konnte es gesegnet werden. Im selben Jahr gab es Gemeinderatswahlen. Bgm. Ök.-Rat Ludwig Holzinger und eine Reihe von Gemeinderäten stellten sich nicht mehr der Wiederwahl. Neuer Bürgermeister wurde Johann Jindra. In seine Amtszeit fielen der Kanalbau, der Bau einer Kläranlage, die Verkabelung der Leitungen von EVN, Telefon und Fernsehen.


Wenn auch Weiten längere Zeit eine Baustelle war, so kann man sich doch nach Fertigstellung über ein schöneres Ortsbild freuen.Bgm. Johann Jindra machte aus dem Weitental das ,,Tal der Sonnenuhren”. Außerdem errichtete er einen Planetenwanderweg, der von Weiten nach Streitwiesen führt.

1997 kam es zum ersten Besuch von Gästen aus Weiten im Saarland. Es entstand eine herzliche Freundschaft mit Gegenbesuch und im Jubiläumsjahr 2000 kam es zu einer offiziellen Partnerschaft zwischen beiden Orten .

So hat auch unser Heimatort Weiten das Tor zum großen Europa geöffnet. Möge uns auch in Zukunft viel Positives beschieden sein!

Text: OSR Gottfried Schwarz


 Chronik

Geschichten einer Marktgemeinde (Chronik) von OSR Gottfried Schwarz

Am Gemeindeamt erhätlich!